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White Square Gallery / WSG GmbH
Kronenstraße 43 (am Gendarmenmarkt)
10117 Berlin- Mitte

Gallery E-mail: berlin@whitesquaregallery.com
Dr. Elena Sadykova: +49 171 4177224, es@whitesquaregallery.com
Dieter Reitz: +49 160 96295308, dr@whitesquaregallery.com

White Square Gallery

Kronenstraße 43 (am Gendarmenmarkt)
10117 Berlin-Mitte

Opening hours
We-Fr 2-6pm
Sa 2-4pm

Die ewige Wiederkehr : Flucht. Freundschaft. Kunst.

18. Januar – 13. März 2021

Bei der ersten Gruppenausstellung des Jahres 2021 handelt es sich um ein von der White Square Gallery arrangiertes, imaginäres Zusammentreffen von sieben Künstlern, die sich dem Thema Leben bzw. Überleben widmen. In der Zeit der Pandemie ist es ein überaus aktueller Gedanke, der zugleich nicht menschlicher sein könnte. Katastrophen aller Art sind ständige Begleiter der Menschheit seit ihrem Ursprung. Wiederholt tauchen sie in vielerlei Gestalt, unangemeldet und unerwartet auf, um ihren unabwendbaren Tribut zu fordern. Sie verwandeln Orte und Schicksale, sie verändern Geschichte. Oft markieren sie die Zeitgrenzen, den Übergang zum Neuen, von Menschen herbeigesehnt, durchgestanden und hinterher aufgebaut. Denn immer wieder schafft es der Mensch, sich zu erheben, die Umstände zu überwinden, sich von einem Getriebenen in einen Schöpfer zu verwandeln. Woher kommt also die Kraft, das Schlimme und Schlimmste zu überleben und überwinden, von einem passiven Akteur zum kreativen Schaffenden aufzusteigen?

Genau das ist die Kernfrage, um die diese Ausstellung aufgebaut ist. Die Spannweite der hier angestoßenen Diskussion umfasst etwa 100 Jahre. Nicht alle Teilnehmer gehören zu unserer Zeit und sie alle haben verschiedene Hintergründe, Nationalitäten und Biografien. Nicht einmal kennen sie sich persönlich: In der Ausstellung agieren die Werke als ihre Stellvertreter. Die Arbeiten die hier zu sehen sind geben die gesammelten Erfahrungen der Künstler im Umgang mit vielfältigen kritischen Situationen wieder, die sie alleine, mit ihren Freunden oder durch deren Augen erlebt bzw. durchgestanden haben. Die Freundschaft und das Vertrauen, die Solidarität und die Unterstützung kommen hier als die Schlüssel zu dem Rätsel der Unbeugsamkeit und Fortschritt des menschlichen Geschlechts heraus.

Bei aller Unterschiedlichkeit der künstlerischen Biografien kristallisiert sich ein alter Grundgedanke heraus, der allen hier präsentierten Arbeiten zugrunde liegt und sie zusammenhält: Weder Kriege und Revolutionen noch Leiden und Entbehrungen haben es geschafft, den Menschen zu ändern, seine Unvollkommenheit nicht und schon gar nicht seine Größe.

Die ausgewählten Werke von H.M. Davringhausen, Alireza Ghandchi, Sebastian Heiner, Friederike Jokisch, Sokuntevi Oeur, Andrej Pirrwitz und Dietrich Walther werden im Laufe der digitalen Ausstellung dem interessierten Betrachter einzeln vorgestellt.

Dr. Dorothea Eimert : "Abermals Flucht und Les Milles"

Anfang März 1939 wurde das Ehepaar Davringhausen wie viele andere Emigranten aufgefordert, die Schweiz zu verlassen. Die folgenden bedrückenden, unruhigen Jahre 1939 bis 1944 sind immer wieder gekennzeichnet von Flucht, Untertauchen und Aufenthalten in Internierungslagern.
Anfang 1939 stand Davringhausen in Briefkontakt mit Wieland Herzfelde, der mit seiner Frau Trude nach London emigriert war und dort den Malik-Verlag gegründet hatte. In ihrer Sorge um das nackte Leben gab es gemeinsame Pläne, in die USA auszuwandern. Gegen Ende des Jahres 1939 begab sich das Ehepaar Davringhausen nach Südfrankreich, nach Haut-de-Cagnes, einem Künstlerzentrum, wo Davringhausen sich ein Atelier einrichtete. In Südfrankreich trafen sie viele Freunde wieder, Maler, Schriftsteller, Intellektuelle, die wie sie Deutschland verlassen mussten. Nach der Kriegerklärung am 3. September 1939 wurden alle Männer deutscher Abstammung in Internierungslager kaserniert, im Winter wieder freigelassen. Davringhausen wurde mit vielen anderen Künstlern in Les Milles, in der Nähe von Aix-en-Provence interniert.

Ende 1939 in Vercors und in Cagnes traf Davringhausen mit Ursula Gala, Franz Fein und dem Ehepaar Walter und Edith Hasenclever zusammen. Walter Hasenclever, wie Davringhausen gebürtig aus Aachen, schrieb im Winter 1939/40 das erschütternde Zeitdokument „Die Rechtlosen“, (65) in dem er von der bedrückenden, teils lebensbedrohenden Situation der Emigranten in Frankreich und über das unmenschliche Leben in den französischen Lagern berichtet. Davringhausen erscheint in diesem Roman als Maler Gossmann. Davringhausen knüpfte Kontakt zu Dr. Georg Schmidt, dem damaligen Direktor der Kunsthalle Basel.
Im Mai 1940 wurde Davringhausen zum zweiten Mal im Lager Les Milles interniert, seine Frau brachte man 14 Tage später in das berüchtigte Frauenlager Gurs in der Nähe der Pyrenäen, zusammen mit Ilse Salberg und Edith Hasenclever. In Les Milles traf Davringhausen viele Maler und Schriftsteller, darunter Max Ernst, Anton Räderscheidt, Wols, Hans Bellmer, Walter Hasenclever, Lion Feuchtwanger, Alfred Kantorowicz. Im Lager Les Milles, einer stillgelegten Ziegelfabrik, waren etwa 3.000 Emigranten interniert. Die hygienischen Bedingungen waren katastrophal, die medizinische Versorgung mehr als mangelhaft. Die depressive Stimmung nahm von Tag zu Tag zu, zumal die Angst vor den siegreichen Deutschen stetig wuchs. Der Schriftsteller Walter Hasenclever nahm sich in der Nacht zum 22. Juni das Leben. Am selben Tag unterschrieb die französische Regierung unter Pétain den Waffenstillstandsvertrag mit Auslieferungsparagraphen. Daraufhin wurde in Les Milles ein Transport derjenigen Gefangenen organisiert, für die eine Auslieferung der Tod bedeuten würde. Aufgrund von Missverständnissen irrte der Zug auf derselben Strecke mehrfach hin und her. Nimes war schließlich Endstation. Den anschließenden Fußmarsch zum Lager Saint-Nicolas nutzten Davringhausen, Räderscheidt, Ernst Meyer und Kantorowicz zur Flucht nach Sanary. Die Frauen waren bereits aus dem Lager Gurs entlassen und in Sanary eingetroffen. Ende August 1940 kehrten Davringhausen und seine Frau Lore nach Haut-de-Cagnes, das zur „freien Zone“ gehörte, zurück. Im Oktober schrieb Davringhausen, vermittelt durch den Schriftsteller Franz-Carl Weiskopf, an Wieland Herzfelde nach New York mit der Bitte um Hilfe bei der Flucht nach New York oder Mexiko. Herzfelde sagte Hilfe zu.

 

Le Miles, 1941, Tempera auf Karton, 44 x 59 cm

Kunstwerke
H.M. Davringhausen, Les Milles, No 269, 1940, Öl auf Leinwand, 97,8 x 130,2 cm

Les Milles, No 269, 1940, Öl auf Leinwand, 97,8 x 130,2 cm

Le Miles, 1941, Tempera auf Karton, 44 x 59 cm

Le Miles, 1941, Tempera auf Karton, 44 x 59 cm

o.T. - 270. 1940, Öl auf Leinwand, 44 x 59 cm

o.T. - 270. 1940, Öl auf Leinwand, 44 x 59 cm

Porträt Wladimir Rosenbaum, 1937/38, No 251, Öl auf Leinwand, 116 x 80 cm

Porträt Wladimir Rosenbaum, No 251, 1937/38, Öl auf Leinwand, 116 x 80 cm

absence 55 - Violence, 2018, Öl auf Baumwolle, 110 x130 cm

absence 55 - Violence, 2018, Öl auf Baumwolle, 110 x130 cm

absence 56 - Violence, 2018, Öl auf Baumwolle, 110 x 130 cm

absence 56 - Violence, 2018, Öl auf Baumwolle, 110 x 130 cm

absence 62 - Familie, 2019, Öl auf Baumwolle, 120 x140 cm

absence 62 - Familie, 2019, Öl auf Baumwolle, 120 x140 cm

Abendland, 2018, Öl auf Leinwand, 90 x 155 cm

Sokuntevy Oeur, Kunterbunt, 2018, Öl auf Leinwand, 120 x 110 cm

Kunterbunt, 2018, Öl auf Leinwand, 120 x 110 cm

Wizard, 2019, Acrylic on Canvas, 170 x 100 cm

Wizard, 2019, Acrylic on Canvas, 170 x 100 cm

Sieg über die Sonne, 2018, Acrylic on Canvas, 200 x 130 cm

Sieg über die Sonne, 2018, Acrylic on Canvas, 200 x 130 cm

Sommernachtstraum, 2014, Öl auf Leinwand, 100 x 150 cm

Sommernachtstraum, 2014, Öl auf Leinwand, 100 x 150 cm

Loderndes Mauerwerk, 2015, Öl auf Leinwand, 100 x 140 cm

Loderndes Mauerwerk, 2015, Öl auf Leinwand, 100 x 140 cm

Das triumphbogenes Cafe, 2014, Öl auf Leinwand, 100 x 150 cm

Das triumphbogenes Cafe, 2014, Öl auf Leinwand, 100 x 150 cm

Faryd, 2014, 24 x 18 cm

Faryd, 2014, 24 x 18 cm

Jokisch, eintauchen, 2020, Lithografie, 54 x 42 cm

eintauchen, 2020, Lithografie, 54 x 42 cm

Jokisch, Nana, 2020, Öl auf Leinwand, 100 x 80 cm

Nana, 2020, Öl auf Leinwand, 100 x 80 cm

Jokisch, struggle, 2020, Öl auf Leinwand, 140 x 120 cm

struggle, 2020, Öl auf Leinwand, 140 x 120 cm

Friederike Jokisch, Zelt, 2019, Öl auf Leinwand, 60 x 50 cm

Zelt, 2019, Öl auf Leinwand, 60 x 50 cm

Friederike Jokisch, Arena, 2015, Öl auf Leinwand, 200 x 150 cm

Arena, 2015, Öl auf Leinwand, 200 x 150 cm

O.T., 2006, S/W Fotografie auf Alu Dibond, 50 x 40 cm

O.T., 2006, S/W Fotografie auf Alu Dibond, 50 x 40 cm

Le Miles, 1941, Tempera auf Karton, 44 x 59 cm

Le Miles, 1941, Tempera auf Karton, 44 x 59 cm