Die Einzelausstellung „Flüchtige Träume“ von Ashley Scott. ist ein kooperationsprojekt zwischen der White Square Gallery mit der Berliner Koepjohann'schen Stiftung.
In dieser Ausstellung setzt sich die junge schwarze Künstlerin aus Chicago/ USA, die seit 2015 in Berlin lebt und arbeitet, mit ihren vielseitigen Erlebnissen und Erfahrungen - als Frau, als Künstlerin, als Emigrantin und Ausländerin - auseinander.
Ashley Scott ist eine Künstlerin, die sich ihr Leben lang mit der Geschichte ihrer Familie beschäftigt und permanent nach dem Weg zu ihren eigenen, zunächst unbekannten Wurzeln sucht. Die Fragen, die diese Suche befeuern sind meistens persönlich, es geht um ihren Werdegang als Frau und Künstlerin.
Sie wird stark angetrieben von der Frage nach der verborgenen Quelle ihrer Kunst, die sie in ihrer Familiengeschichte vermutet. Bei ihren Vorfahrinnen hofft und glaubt sie, die Antworten zu finden. Woher zum Beispiel kommen ihre Formen, oder warum nimmt das Material für sie eine so hohe Bedeutung an? Stets ist sie auf der Suche nach dieser Ursubstanz, die ihren Visionen erst ihre Form und dann ihr Leben ermöglichen würde.
Und sie wird findig, wenn sie sich an die Frauen ihrer Familie, ihre Vorahninnen wendet und mit ihnen in einen meistens fiktiven Dialog tritt. Sie setzt sich dabei mit historischen Ereignissen auseinander, von denen ihre Familie seit Generationen mitgerissen wird, und lässt eine Reihe ihrer Ahnfrauen als Zeitzeuginnen in ihren Werken auftreten.
Ashley macht sich Gedanken über die in der Ferne liegenden Schlüsselereignissen im Leben ihrer weiblichen Verwandten, deren Namen sie größtenteils kennt. Bis zu den ersten Frauen, die den amerikanischen Boden 1750 mit einem Sklavenschiff „Gold Coast“ erreicht hatten. Unter dem von Sklavenhändler bestimmten Namen Green.
Diesen unbekannten Ahninnen, von denen nur der Nachname geblieben ist, hat Ashley liebevoll die Vision ihre Reise gewidmet. Viel mehr als Erinnerungen an die langen, zermürbenden Wege hatten diese Frauen in ihrem neuen Leben auch nicht gehabt. Nur, was sie selbst waren, samt ihrer dunklen Haut, ihrer unbändigen Haare und ihres starken Willens zum (Über)Leben, dem ihre opulente Kreativität* entsprang, die ihre Träume von Flucht und Entkommen speiste.
Die vehement studierte eigene Geschichte ermutigte die Künstlerin erst, ihren Blick nach außen zu richten und die Vergleiche zu wagen. Sie entdeckte die verblüffende Ähnlichkeit und ewige Wiederkehr der Schicksale unendlich vieler Frauen, deren kleine und scheinbar unbedeutende Geschichten die große und bunte Mosaik des Weltgeschehens auf eine besondere Art prägen. Die Arbeiten von Ashley Scott sind so gesehen viele persönliche Interpretationen eines großen Ganzen: Es geht hier um die Hoffnungen und Träume der Frauen auf dem (Flucht)Weg zu sich selbst.
*Diese Kreativität erlebte Ashley enorm stark bei ihrer Großtante, „Tante Fancie“, zu der sie ihr Leben lang eine mysteriöse Verbundenheit spürte. Sie war Hutmacherin und Lebenskünstlerin. Und die Quelle der Inspiration. Ihre Hüte waren aparte Kunstwerke, die Ashley Scott bis heute nicht vergessen kann. Sie geht davon aus, dass in deren überbordender, blumiger Schönheit der Ursprung ihres eigenen schöpferischen Weltbilds zu finden sei. Schade nur, dass sie keinen einzigen davon besitzt. Alle sind sie verloren gegangen. Freilich nicht ganz. Deren fantasievolle Extravaganz lodert in den Skulpturen von Ashley und verleiht ihnen ihre einzigartige Lebendigkeit und Leuchtkraft. Und macht viele quälende Fragen überflüssig.